Allgemein, Aufmacher, Gastbeitrag, Hund & Mensch, Ressourcen
Kommentare 2

Abschied nehmen: „Run free, mein kleiner Prinz…“

Abschied nehmen von seinem Hund
Neele
Find me

 

Rund 300 Worte, 45 Satzzeichen, 3 Emoticons, 2 Zahlen: Daraus bestand die Nachricht von meiner Mama, mit der mein Feierabend heute begann…

Von Alice Reichelt

Ich saß nach der Arbeit noch im Büro, vor dem Schichtplan meiner Filiale – eigentlich wollte ich ja nur die Nummer eines Arbeitskollegen raussuchen, um zu fragen, ob wir Schichten tauschen können.

20 Worte habe ich geschafft zu lesen, die letzten 5 davon „[…] Abschied von Felix nehmen mussten, […]“.

Seitdem habe ich einen Kloß im Hals, meine Sicht verschwimmt immer wieder, mir gehen tausende Erinnerungen gleichzeitig durch den Kopf und doch kann ich keinen Gedanken fassen.
Felix ist weg. Endgültig. Absolut. Es gibt kein zurück…

Ich war so töricht und war so überzeugt davon, ihn wieder zu sehen, dass mir bis heute gar nicht wirklich bewusst war, wie lange es doch her ist, dass ich ihn das letzte Mal besucht und gesehen habe… Zwei Jahre. Ziemlich genau.

Abschied nehmen von seinem Hund

Alice mit ihrem Seelenhund Felix. Foto: Alice Reichelt

Man kann gar nicht zusammenfassen, was dieser Hund gegeben hat, wie viele Leben er bereichert hat. Ein kleiner Sonnenschein. Kein Hund ist annähernd vergleichbar mit ihm, denn er war wie jeder andere Hund auf seine eigene Art und Weise etwas ganz besonderes. Unersetzbar. Einzigartig.

Er hat mich geprägt, war so viele Jahre mein immer gut gelaunter Anker und mein bester Freund. Der Grund, warum ich Hunden gegenüber heute so empfinde, wie ich empfinde, ist er. Der Auslöser, warum ich mich mit der Thematik so beschäfigt habe und auch weiterhin beschäftige. Der Grund, warum ich nicht ohne Hund sein mag.

…der Hund, auf den ich nie etwas kommen lassen habe. „Man merkt, dass der Hund ein unglaublich tiefes Vertrauen zu dir hat“ – Das waren einmal, vor vielen Jahren, die Worte meines Vaters, als Felix abends beim Campen, nach einem ereignisreichen Tag auf dem Rücken in meinen Armen schlief, während wir Rommé spielten. Ja…Wir waren ein Herz und eine Seele. Viele Menschen kannten uns nur im Duo.

Dieses Vertrauen war sicher nicht von Anfang an da, aber wir haben so viele Hürden gemeistert, dass es irgendwann nicht mehr zu erschüttern war.

So ist Felix zum Beispiel als Welpe im Winter unter das Eis von einem Feuerwehrteich geraten. Ein Nachbar hat ihn damals gerettet, aber Felix hatte seitdem große Angst vorm Wasser. Ich habe mit ihm zwei Sommer lang an einem kleinen Brunnen im Bad Camberger Park gearbeitet, damit er die Scheu verliert. Es war viel Geduld und Überzeugungsarbeit vonnöten, aber er ist zu einer richtigen Wasserratte geworden. Kein Gewässer war mehr vor ihm sicher, er liebte es zu schwimmen und zu tauchen. Ich war so stolz auf ihn, dass er diese Angst besiegt hat.

Ja…, Bad Camberg… Es gibt so unglaublich viele Erinnerungen an Felix, die mit diesem Ort zusammenhängen. Dort hatte unsere Verbundenheit ihren Anfang. Dort begann aus „Mama’s Hund“ – „Mein Hund“ zu werden…

Abschied nehmen von seinem Hund

Der kleine Felix in jungen Jahren. Foto: Alice Reichelt

Wir sind aus Sachsen weggezogen und landeten im besagten Ort. Von da an hatten wir keinen riesigen Garten mehr und zum ersten Mal in meinem Leben, m u s s t e mit unserem Hund „Gassi“ gegangen werden. Das wurde schnell zu meiner Aufgabe, meine Mutter arbeitete viel und ich hatte ja Zeit.

Sehr bald begann ich länger mit Felix unterwegs zu sein, als es eigentlich notwendig war. Ich nahm ihn mit zu meinen ersten Übernachtungen bei Freundinnen, war mit ihm ständig in der „Stadt“ oder im Park. Wir trafen uns oft mit Jenny und ihren zwei Hunden… Das war ein Gespann. Klein Felix sah zwischen den beiden noch winziger aus, als er eigentlich war.

Wir sind durch die stärksten Regengüsse spaziert, wateten gemeinsam mit den Hunden durch den Bach, rannten mit ihnen durch Wiesen und Felder und genossen einfach die Zeit. Zeit die so wertvoll war.

Ich kann mich noch an die Zeit danach – in Hattersheim – erinnern, als wir mit Alia Fischer​ und Sam fast täglich bis zu zehn Stunden unterwegs waren. Obwohl wir eigentlich fast immer nur am Wehr saßen oder am Main und durch Okriftel spazierten, während die Hunde im Wasser spielten, war es doch eine sehr prägsame und wunderschöne Zeit.

Diese und die nächsten Sommer, sollte Felix mein ständiger Begleiter sein. Er war immer und überall dabei, meine Freunde kannten es nicht anders – oder sind vielleicht nur Jene in meinen Freundeskreis gekommen, die ihn als ständigen Begleiter akzeptieren konnten?

Mein bester Freund nannte ihn liebevoll „Junkie“ – ja ein Bällchenjunkie war er wirklich. Das lustigste war die erste Begegnung der Beiden…

Manuel begleitete mich von der Schule nach Hause, wir wollten ein bisschen Zeit totschlagen, aber ich musste natürlich erst einmal Felix ausführen. Manuel wartete also unten, während ich Felix holte… Als ich mit ihm um die Ecke bog, kam von Manuel nur ein „Juuunkiiiieeee“, dabei hatten wir doch gar nicht über das Bällchenproblem geredet und Felix überschlug sich förmlich vor Freude, angesichts dieses – bis dato – fremden Menschen.

Die Beiden waren seitdem die dicksten Freunde. Manuel und seine Familie freuten sich immer sehr Felix zu sehen und diese Freude beruhte auf ehrlicher Gegenseitigkeit. Die Nachmittage mit Manuel und Felix in Sindlingen am Main, waren auch solch wunderschöne Erinnerungen. Erlebnisse, die es ohne diesen Hund, niemals gegeben hätte.

Sogar am Zustandekommen meiner ersten Beziehung war Felix nicht ganz unschuldig, wäre er damals nicht zusammen mit Leo in die nächste Straße weggerannt, was er sonst nie tat, wäre ich dem Menschen ja nicht begegnet. Ich war ja schon dabei ins Haus zu gehen… Klar, dass er auch in dieser Beziehung ständig anwesend war.

Wenn ich mal ein Wochenende ohne ihn weg war, wartete er wohl (laut damaliger Aussage von meiner Mama) vor der Wohnungstür, anstatt mit ins Bett zu gehen. Treu und lieb wie er nun einmal war.

Er war immer für mich da.. In guten wie in schlechten Zeiten war er da und wich buchstäblich nicht von meiner Seite. Dabei war doch das Erste was ich zu dem kleinen Fellknäul sagte, als ich damals aus der Schule kam und er im Wohnzimmer plötzlich vor mir stand: „Was isn das? O.o“ – Wer hätte gedacht, dass einmal eine solche Verbindung zwischen uns entstehen wird.

Felix hatte eine unglaubliche Begabung wirklich jeden Menschen um den Finger zu wickeln. Sogar die, die eigentlich Angst vor Hunden hatten, konnte er für sich begeistern. Einmal, auf dem „Wäldchesfest“ in Okriftel, bot jemand der Felix erst fünf Minuten lang kannte, sogar 2000 Euro für ihn. Klar, dass dieser Hund unverkäuflich war, aber es zeigt doch, wie schnell er beeindrucken konnte.

Mit der Ausbildung und dem „Auszug von Zuhause“ war Felix wieder „Mama’s Hund“. Er zog mit weg von mir und ich hatte ihn nur noch gelegentlich zu Besuch. Dennoch waren wir weiterhin ein unvergleichbares Team.

Die Verbindung ließ nie nach, auch wenn das klingen mag, als sähe ich das Ganze durch eine Rosarote Märchenbrille… Da war etwas Besonderes. Ich weiß nicht, wie ich diesen Hund so auf mich prägen konnte, aber ich wünsche mir, dass mir dies auch bei meiner Tahlly und möglichen zukünftigen Hunden gelingt.

Ich hab sicher nicht alles richtig gemacht im Umgang mit Felix und manchmal hat er mich auch den letzten Nerv gekostet.. Aber er hat mir jeden einzelnen meiner Fehler verziehen.

Seine Freude, wenn er mich sah, war unbeschreiblich. Sein „raaaawwrr“, wenn er sich freute, war unglaublich süß und verzückend. Seine Art herumzutänzeln, wenn sein kleiner Körper vor Freude wackelte, ließ alle Herzen schmelzen. Seine Art, um etwas zu „bitten“, wenn er mit beiden Vorderpfoten in der Luft wedelte, während er auf den Hinterbeinchen stand…

Vieles kann man einem Hund gar nicht beibringen, es ist seine ganz eigene Art sich zu geben. Es macht ihn einzigartig und unvergesslich.

Und dann ist da diese traurige Gewissheit, dass nun jeder, der mir wichtig wird, oder in den letzten zwei Jahren wichtig geworden ist, diesen Hund nicht kennen lernen wird. Dass von nun an niemand mehr wirklich nachvollziehen können wird, wenn ich sage „Felix ist/war etwas ganz besonderes und unvergleichbares“.

Der Hund der mich für mein Leben geprägt hat. Mein Prinz… mein Mäusel… mein Dickerle… Mein Seelen- und Herzenshund wird keinen weiteren Menschen in seinen Bann ziehen können.
Selbst meine über alles geliebte Tahlly („jeder, der mir in den letzten zwei Jahren wichtig geworden ist“) hat ihren Vorreiter nicht mehr kennen lernen dürfen. Das ist traurig… vor allem, da es die Gelegenheit dazu gegeben hätte.

Vieles von diesem Hund habe ich als selbstverständlich wahrgenommen. Mittlerweile weiß ich, dass es das nicht war.

Dass ich ihm sagen konnte, welche Katze er akzeptieren muss und er mir dabei zu 100 Prozent vertraute und tat wie ihm geheißen, ist nur eines der vielen Beispiele, die bei Tahlly (noch?) nicht möglich wären.

Und es ist mir egal, ob jemand diesen ewig langen Text überhaupt ließt oder nicht. Ich will einfach nur meine Gedanken niederschreiben, sie für mich selbst festhalten. Das Internet vergisst nie. Ich will kein Mitleid, kein Aufsehen erregen, ich will in 1, 2, 5 oder 10 Jahren meine Erinnerung aufrufen können. Die Erinnerung an >meinen< Felix.

Run free, mein kleiner Prinz. Mein Mäusel. Mein Dickerle. Mein Seelen- und Herzenshund.
Viel zu lange habe ich dich nicht mehr besucht, das tut mir unendlich leid. Vielleicht hast du auf mich gewartet, ich weiß es nicht…

Der Gedanke tut weh und das werde ich nie ändern können 🙁 Ewig wirst du mir in Erinnerung bleiben, all die Zeit die wir gemeinsam verbracht haben, all die Momente und Lebensabschnitte, die du stets treu an meiner Seite warst. Du wirst immer eine Ecke meines Herzens ganz für dich alleine haben.

R.I.P. und komm gut über die Regenbogenbrücke… Ich hab dich lieb <3

 

Ich möchte an dieser Stelle Alice für ihren unglaublich berührenden Text danken. Alice, jedes Mal, wenn ich deine Zeilen lese, schießen mir Tränen in die Augen. Hunde verändern uns Menschen so tief, dass sie nie wirklich „von uns gehen“. Wer nicht vergessen wird, stirbt nie!

Liebe Alice, ich wünsche dir ganz viel Kraft. Habe kein schlechtes Gewissen, denn das würde Felix niemals wollen. Denke an all die schönen Zeiten, halte ihn in deiner Erinnerung und vor allem in deinem Herzen lebendig – aber daran zweifle ich nicht.

R.I.P. kleiner Unbekannter.

 

Verpasst keinen Beitrag mehr! Meldet euch für den Fiffibene Newsletter an!

 

 

(Visited 7.109 times, 1 visits today)
Kategorie: Allgemein, Aufmacher, Gastbeitrag, Hund & Mensch, Ressourcen

von

Hi, ich bin Neele, #Hundenärrin, #Hundemama, #Hundehaarmagnet, #Bücherwurm, #Textmaniac, #Yogi www.om-sweet-om.de. Auf diesem Hundeblog schreibe ich über das Leben mit Hund. Im Hundeblog findet ihr Trends, Lustiges, Ernstes, Absurdes, Wissenswertes. Ich sage nur: Let the dogs rock the world!

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert