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Giftköder: So schützt ihr euren Hund!

Giftköder Fiffibene Hundeblog
Neele
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Erschreckend, aber leider wahr: Auch in diesem Jahr häufen sich bereits wieder die Giftköderwarnungen und Berichte über vergiftete Hunde. Dass ich diesen Leuten gegenüber nur Verachtung empfinde, versteht sich von selbst. Leider lässt es sich (noch) nicht verhindern, dass Giftköder von abartigen Menschen ausgelegt werden (Warum man Hundescheiße als süßen Apfel betrachten sollte). Aber es lässt sich daran arbeiten, dass Hunde nicht alles, was herumliegt, aufnehmen. Training und vorausschauendes Gassigehen wirken vorbeugend.

Leider lässt es sich nicht verhindern, dass Giftköder ausgelegt werden…

 

Wie man mit seinem Hund ein Anti-Giftköder-Training durchführen kann und warum man damit rechnen muss, dass – vor allem bei verfressenen Hunden – immer eine Unsicherheit bestehen bleibt, berichtet Frauke Loup, Hundeexpertin und Trainerin bei der Hunde-Akademie, im Interview mit dem Fiffibene Hundeblog.

Frauke, erzähl mal, was machst du, seit wann machst du es und wie bist du zu deinem Job gekommen?

Ich bin seit dem Jahr 2000 bei der Hunde-Akademie Perdita Lübbe und leite u.a. Welpen-Spielstunden, gebe Einzelstunden, aber auch Gruppentrainings mit 5 bis 6 Hund-Mensch-Teams sowie Hunde-Kommunikationsrunden für erwachsene Hunde. Wir bieten zudem Workshops und Seminare zu unterschiedlichen Themen an. Ich habe Erziehungswissenschaften und Soziologie studiert, bin aber schon während des Studiums auf den Hund beziehungsweise zum Hundetraining gekommen – und dort schließlich „hängen geblieben“ *lacht*. Bei mir leben zwei Mischlingshunde, die ich aus dem Tierheim übernommen habe: Dobermann-Mischling Leo und Schäfermixhündin Fly.

Warum steuert die Mehrzahl der Hunde auf herumliegendes Essbares oder auch weniger Essbares zu – obwohl sie satt sind, versteht sich?

Ein Hund ist im Grunde genommen von Natur aus nie wirklich „satt“. Bedeutet: Ihrem Instinkt folgend versuchen Hunde möglichst viel Beute zu machen, um ein Reserve-Polster anzulegen. Dieses Bedürfnis haben sie auch dann, wenn der Futternapf des Hundes zuhause immer gut gefüllt ist. Andererseits ist es aber auch eine Typ-Frage: Während der eine Hund auf sein Hungergefühl hört, schlägt der andere zu, sobald sich eine Gelegenheit für einen Extra-Imbiss ergibt.

Ein Hund ist im Grunde genommen von Natur aus nie wirklich „satt“.

 

Oft gilt die Devise: Je seltener und verbotener ein Leckerbissen, umso verlockender ist er auch. Da ticken Hunde nicht viel anders als einige Zweibeiner. Es geht aber nicht nur darum, etwas Verbotenes zu tun, sondern eben auch um das Fressen an sich. Hunde belohnen sich mit selbstgefundenem Futter und zeigen das Verhalten, das zum Erfolg führte (in unserem Fall das Aufstöbern von Nahrung), in der Folge häufiger.

Anti-Giftköder-Training Fiffibene Hundeblog

Hunde suchen sich selbst gern ihr Fressen.

Was können Hundehalter tun, um zu verhindern, dass der Hund etwas – egal was – aufnimmt?

Was definitiv nicht zum Erfolg führt, ist, den Hund an der Leine am Objekt der Begierde vorbeizuziehen. Daraus lernt er nichts. Ein waches Auge während des Gassis, ein echtes Miteinander und eine stabile Beziehung zum Hund sind drei wichtige Punkte, die darüber entscheiden, ob der Hund etwas aufnimmt oder nicht.

Ein waches Auge während des Gassis, ein echtes Miteinander und eine stabile Beziehung zum Hund…

 

Und diese Punkte sind gar nicht so selbstverständlich wie man annehmen könnte. Immer wieder sehe ich zum Beispiel Hundehalter, die statt gemeinsam mit dem Hund spazieren zu gehen, auf ihr Handy starren. Oder Herrchen und Frauchen sind auf der Hundewiese so in eine Unterhaltung vertieft, dass sie nicht merken, was ihr Hund gerade treibt. Dabei ist es doch gerade schön, wenn man MIT dem Hund anstatt nur WEGEN ihm raus geht, oder nicht?

Auf jeden Fall! Wie wirkt sich denn ein fehlendes Miteinander noch aus?

Wenn der Hund feststellt, dass beim Gassigehen nichts Spannendes passiert und er keine Aufmerksamkeit vom Herrchen oder Frauchen bekommt, wird er sich anderen Dingen zuwenden. Wenn er genau in dem Moment, in dem er etwas Verbotenes tut – zum Beispiel herumliegende Essensreste aufnimmt -, eine Reaktion von seinem Zweibeiner erhält, wird er es immer wieder tun. Seine Taktik war ja schließlich erfolgreich. Daher mein Rat: die Zeit gemeinsam mit dem Hund verbringen und ihn sinnvoll beschäftigen, zum Beispiel mit Gehorsamsübungen, Suchspielen oder Tricktraining.

Und wie sieht so ein Giftköder-Training aus?

Wichtige Grundlage des Trainings ist zunächst einmal, dass der Hund gelernt hat, Grenzen zu akzeptieren und ein „Nein“ als Abbruchsignal bereits kennt. Damit er speziell von Essensresten „die Pfoten lässt“, legt man für das Anti-Giftköder-Training gezielt etwas Leckeres aus. Dabei ist es sinnvoll, unterschiedliche Leckereien einzusetzen, damit der Hund nicht nur auf einen speziellen Reiz trainiert wird. Wir verwenden zum Beispiel auch belegte Brötchen, Döner & Co.

Anti-Giftköder-Training Fiffibene Hundeblog

Setzt beim Training unterschiedliche Leckereien ein, damit der Hund nicht nur auf einen speziellen Reiz trainiert wird.

Der Hund sollte zu Trainingsbeginn an der kurzen Leine sein, später dann an der Schleppleine. Sie dient als verlängerter Arm, wenn der Hund das Kommando „Nein“ noch nicht sicher beherrscht und sich nicht zuverlässig von der Beute abrufen lässt. Die Leine wird schrittweise verlängert. Wichtig ist, dass man nicht zu schnell zu viel vom Hund verlangt.

Nicht zu schnell zu viel vom Hund verlangen!

 

Bewegt sich der Hund zum ausgelegten Leckerli, blockiert man ihn und sagt bestimmt „Nein“. Blockieren heißt in dem Fall, dass man sich dem Hund in den Weg stellt oder sogar ein Stück auf ihn zugeht, sich groß macht, Spannung in den Körper bringt und das Ganze auch stimmlich mit einem „Nein“ begleitet. Jedes Mal, wenn der Hund sich von dem Leckerbissen abwendet, wird er ausgiebig gelobt.

Ausgiebiges Lob nicht vergessen!

 

Wir setzen in unserer Arbeit hauptsächlich den Körper ein. Ist der Hund allerdings nicht unmittelbar erreichbar und befolgt er ein „Nein“ nicht zuverlässig, dient die Leine als verlängerter Arm. Aber auch dann wird nicht an der Leine gezogen, sondern gezupft.

Zahngesundheit Hund

Wie kann man schon Welpen darauf trainieren?

Die Frage müsste eigentlich eher heißen: Wie kann man Herrchen und Frauchen trainieren. *lacht* Fakt ist, dass Welpen ausgesprochen viel ins Maul nehmen. Sie erkunden auf diese Weise ihre Umwelt. Das Problem: Meistens rennen die Hundehalter aufgeregt hinter dem kleinen Erkunder her und machen ihm seine Beute streitig. Dabei wird dem jungen Hund ausnahmslos alles aus dem Mäulchen gezogen, egal ob Blätter, Stöckchen, Erdklumpen oder eben Essensreste. Aufmerksamkeit und „Beuteklau“ bewirken aber, dass der Hund erstens immer wieder Dinge aufnimmt, und zweitens, dass er sie möglichst schnell verschlingt oder wegträgt, bevor der zweibeinige Spielverderber sich nähert. Am besten geht man in dieser „oralen Phase“ mit dem Welpen möglichst dort spazieren, wo wenig Müll herumliegt und lässt ihn ungefährliche Dinge, wie Blätter, Stöckchen & Co., in Ruhe erkunden.

Warum wird nicht bereits in Welpen- oder Junghundegruppen mit dem Anti-Giftköder-Training begonnen?

Die Hunde-Akademie integriert das Training bereits. Es ist ja im Grunde genommen nichts anderes als eine Übung zum Setzen von Grenzen. Hundemütter zeigen ihren Welpen ja auch bereits früh und sehr deutlich, was sie für sich beanspruchen dürfen und was nicht. Sie legen beispielsweise einen Knochen vor sich hin und machen dem Welpen eine klare Ansage, sobald er versucht, sich dem Futter zu nähern. Für ein frühes Training spricht zudem, dass es umso schneller zum Erfolg führt, je jünger der Hund ist und je weniger Erfahrungen er bereits gemacht hat.

Hundewiese

Je früher trainiert wird, desto besser ist das Ergebnis!

Kann man dem Hund mit 100%iger Sicherheit abgewöhnen, etwas vom Boden aufzunehmen?

Ich behaupte nein, wobei es nichts gibt, was es nicht gibt. Der Erfolg hängt sowohl vom Menschen als auch vom Hund ab. Ich behaupte, dass es in Einzelfällen möglich ist, dem Hund das Auflesen von Nahrung zu 100 Prozent abzutrainieren. Grundsätzlich würde ich das aber nicht unterschreiben. Der Reiz ist einfach zu groß und Hunde haben ein natürliches Bedürfnis, sich selbst um Nahrung zu kümmern. Vor allem sehr verfressene Hunde werden trotz Trainings immer wieder probieren, etwas aufzusammeln.

Was spricht gegen das Tragen eines Maulkorbes, was dafür?

Für mich steht Erziehung immer an erster Stelle, d.h. der Hundehalter sollte lieber die Zeit und Arbeit in ein Training investieren als dem Hund einen Maulkorb aufzusetzen. Das wäre dem Hund gegenüber einfach nicht fair. Im Notfall spricht aber nichts dagegen. So kann ich gut nachvollziehen, dass Leute zum Maulkorb greifen, wenn sie in einer besonders gefährdeten Gegend wohnen oder der Hund noch nicht zuverlässig hört. Dann kann man das sicherlich vorübergehend machen. Der Hund muss allerdings an den Maulkorb gewöhnt sein und es sollte sichergestellt sein, dass er nichts durch den Maulkorb aufnehmen kann.

Sollte man Hunden verbieten, Leckerli von anderen Hundebesitzern anzunehmen?

Eigentlich schon, denn sonst denkt der Hund, dass alles Fressbares für ihn bestimmt sei. Aber auch hier gilt, dass der Hundebesitzer entscheiden muss und der Hund sich an seinen Entscheidungen orientiert – nicht anders herum.

Wau Wau Box

Viele Leute verstecken während des Gassis Leckerlis im Gras, im Gebüsch, am Wegesrand, um ihren Hund auch geistig auszulasten. Ist das nicht eher kontraproduktiv?

Das hängt davon ab, wie eng die Mensch-Hund-Beziehung ist. Man kann seinem Hund durchaus beibringen, dass er nur dann etwas sucht und aufnimmt, wenn er ein Signal dazu erhält. Ein Hund muss dann aber auch ein „Nein“ befolgen, wenn er auf eigene Faust etwas „Fressbares“ findet. Wenn der Draht zum Hund schlecht ist oder es sich um einen Hund der Kategorie „Staubsauger“ handelt, sollten Suchübungen lieber vermieden und der Hund anders ausgelastet werden. Ansonsten würde das Training ihn noch geschickter im Aufspüren von Nahrung machen.

Bei manchen Hunden sollte man von einem Suchtraining absehen.

 

Was sind die „Lieblingsorte“ der Giftköder-Ausleger?

Das ist mittlerweile schwer zu sagen. Die Gefahr ist auf beliebten, stark frequentierten Gassi-Wegen oder in Hundeauslaufgebieten tendenziell größer als in abgelegenen Waldstücken. Man sollte aber immer achtsam sein und seinen Hund im Auge behalten.

Liebe Frauke, vielen Dank für das tolle Gespräch!

 

Wie schützt ihr eure Hunde vor Giftködern?

 

Mehr zum Thema und wie ich darüber denke: Warum man Hundescheiße als süßen Apfel betrachten sollte! und Sündenbock Hund?

 

Foto Titel: Debra Bardowicks; Fotos: Clipdealer

 

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