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Hundepfeifen: So funktioniert das Training!

Hund auf Hundepfeife trainieren
Neele
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Hundepfeifen stammen aus der Arbeit mit Jagd-, Retriever- und Hütehunden. Uwe Friedrich erklärte Fiffibene, warum sie immer häufiger im alltäglichen Hundetraining zum Einsatz kommen und wie man sie richtig anwendet. (zuerst erschienen in: Der Hund)


Während einige Hunde das Geräusch eines Dosenöffners aus einem Kilometer Entfernung hören, scheinen sie beim Rückruf häufig taub. Vertieft in die guten Gerüche des Bodens hört Bello einfach nicht. Ihr ruft energischer, emotionaler, brüllt abwechselnd „Hier“, „Bello“ und „Komm“, in der Hoffnung, eines der Signale werde schon zu ihm durchdringen. Bellos Motivation sinkt allerdings auf den Nullpunkt: Wer will schon zurück zu einem Herrchen, das vor Wut schäumt und verwirrende Signale sendet? Doch nicht nur das: Je weiter sich euer Hund entfernt und je lauter die Umgebungsgeräusche sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass er euch tatsächlich nicht mehr hört.

So trainiert ihr euren Hund Hund auf die Hundepfeife trainierendie Hundepfeife

„Unsere Stimme trägt deutlich mehr Informationen als uns in solch einer Situation lieb ist. Das verwirrt viele Hunde“, sagt Uwe Friedrich, ehemaliger Diensthundeführer und Gründer des Teamcanin Hundezentrums im Großraum Stuttgart. Deshalb setzt er neben dem Stimmzeichen wie „Hier“ auf die Hundepfeife als Rückruf-Signal: „Die Hundepfeife ist eindeutig, unmissverständlich und weitestgehend frei von Emotionen. Sie klingt immer gleich, unabhängig von Stimmung und Nebengeräuschen wie Wind und Straßenlärm“. Und das schmeckt dem Hund: Unsere Vierbeiner mögen eindeutige Kommunikation.

„Die Hundepfeife ist eindeutig, unmissverständlich und weitestgehend frei von Emotionen.“

 

Im Gegensatz zur menschlichen Stimme hat sie einen weiteren Vorteil: „Die Hundepfeife gehört zu denjenigen Signalen, die der Hund nur in definierten Situationen hört, wie etwa beim Rückruf. Unsere Stimme umgibt den Hund dagegen rund um die Uhr. Sie nutzt sich mit der Zeit einfach ab“, bringt es der Experte auf den Punkt. Und: „Der Pfiff ist auch in großer Entfernung noch gut hörbar“, sagt Friedrich. „Nicht ohne Grund vertrauen Schäfer und Jäger auf Hundepfeifen. Sie müssen über große Distanzen mit ihrem Hund kommunizieren“.

Training: Von der Pfeife zur Hundepfeife

Obwohl die Hundepfeife einige Vorteile gegenüber der Stimme hat, wäre es ein Trugschluss zu glauben, dass sie per se das bessere Instrument ist. „Kein Hund denkt sich: Oh eine Hundepfeife, jetzt muss ich aber schnell zum Herrchen sprinten. Eine Hundepfeife ist immer nur so gut, wie das dahinterstehende Training“, sagt der Hundetrainer. Ist das Rückruf-Signal richtig aufgebaut, antwortet der Hund mit einem reflexartigen, automatisierten Verhalten. Er reagiert – egal womit er gerade beschäftigt ist – ohne zu überlegen. „Das ist keine Zauberei, sondern simple Konditionierung“, versichert Friedrich.

„Eine Hundepfeife ist immer nur so gut, wie das dahinterstehende Training.“

 

Hund auf Hundepfeife trainieren

Kein Hund denkt sich: Oh eine Hundepfeife, jetzt muss ich aber schnell zum Herrchen sprinten. Es ist alles eine Frage des Trainings!

Dabei lasse sich der Hund prinzipiell auf alle möglichen Pfeifsignale konditionieren. „In der Praxis beschränkt man sich in der Regel auf den Rückruf, das Sitz und das Platz“, so der Experte. Das Alter des Hundes zu Trainingsbeginn spiele eine untergeordnete Rolle: „Natürlich ist es von Vorteil, wenn schon der Züchter die Welpen an die Hundepfeife gewöhnt hat oder in der Welpenstunde damit gearbeitet wird. Aber auch ein sechsjähriger Hund kann ohne Probleme auf die Pfeife konditioniert werden. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass das Signal korrekt aufgebaut wird“. Laut Friedrich sind bis zu 2.000 Wiederholungen nötig, um das erlernte, automatisierte Verhalten zu erreichen.

Es sind laut Friedrich bis zu 2.000 Wiederholungen nötig, um das erlernte, automatisierte Verhalten zu erreichen.

 

Schrittweiser Aufbau der Hundepfeife

Bevor das Training beginnt, solltet ihr euch überlegen, welches Kommando ihr mit welchem Pfeifsignal koppeln wollt (Rückruf = langgezogener Pfiff) . „In den ersten drei bis vier Wochen konditionieren Sie den Hund ausschließlich auf diesen Pfeifton. Pfeifen Sie, wenn Ihr Hund direkt neben Ihnen steht. Sobald der Pfiff ertönt, bekommt er in Sekundenschnelle ein ganz besonderes Leckerli oder etwas anderes“, erklärt Friedrich. Wichtig sei nur, dass die gewählte Belohnung für den Hund der Jackpot ist. „Bauen Sie das Training langsam aus, indem Sie immer dann pfeifen, wenn Ihr Hund sowieso gerade aus freien Stücken zu Ihnen kommt. Kurz darauf folgt der Jackpot.“

Die Belohnung muss der absolute Jackpot für euren Hund sein!

 

Anschließend übt ihr in Situationen, in denen der Hund leicht, mittel und schließlich stark abgelenkt ist. „Wenn das Training richtig durchgeführt wurde, bekommt der Hund bereits feuchte Augen, wenn er den Pfiff hört. Er macht auf dem Absatz kehrt, egal ob er dafür ein wildes Spiel unterbrechen oder ein totes Eichhörnchen links liegen lassen muss“. Aber: „Seien Sie auch beim Pfeifsignal klar und eindeutig, bleiben Sie bei einem einmal festgelegten Pfiff für ein Kommando“, rät der Teamcanin-Chef. Nicht nur gleichbleibend, sondern auch unmissverständlich sollte der Pfiff sein: „Ich beobachte immer wieder Hundehalter, die dauer-pfeifend durch die Wälder streifen. Reden und pfeifen Sie nicht ständig auf Ihren Hund ein, wenn Sie nicht wollen, dass er auf Durchzug schaltet“, so Friedrich.

Einer der menschlichsten Fehler überhaupt, sei übrigens die Ungeduld: „Viele Halter fordern zu früh zu viel“, weiß der Hundetrainer. „Kein Mensch macht direkt nach der Grundschule sein Abitur. Vom Hund wird das aber oft verlangt“.

Hundepfeife ist nicht gleich Hundepfeife

Doch welche Pfeife ist die richtige? Der Markt bietet eine Fülle unterschiedlicher Pfeifen, die sich in Material, Bauart und Frequenz (hörbare und für den Menschen nicht hörbare Pfeifen) unterscheiden. „Die wohl bekanntesten sind die Büffelhorn-, Kunststoff- und Hochfrequenzpfeifen aus Metall. Jede Hundepfeife sollte frequenzstandardisiert sein. Dies garantiert, dass Pfeifen desselben Typs auch stets denselben Ton haben“, erklärt Friedrich.

Die bekanntesten Pfeifenarten sind die Büffelhorn-, Kunststoff- und Hochfrequenzpfeifen aus Metall.

 

Doch nicht nur die Frequenztreue ist entscheidend. Auch Material und Bauart haben Einfluss auf den Trainingserfolg: „Wir empfehlen grundsätzlich Pfeifen aus Kunststoff mit langem Mundstück. Bei den Büffelhornpfeifen sind die Mundstücke so kurz, dass die Öffnung leicht von den Lippen verschlossen wird. Ein ordentlicher Pfiff ist dann nicht möglich“.

Hund auf Hundepfeife trainieren

Kunststoff-, Hochfrequenz- und Büffelhornpfeife

Kunststoffpfeifen seien zudem unabhängig von Wettereinflüssen. „Auch bei schlechtem Wetter oder Temperaturschwankungen, starken Nebengeräuschen und unterschiedlichen Blasstärken können klare Signale gegeben werden“, verrät Friedrich. Der Ton der Hochfrequenzpfeifen aus Metall sei dagegen stark temperaturabhängig: „Metallpfeifen klingen bei Minusgraden anders als bei 25 Grad Celsius“. Hinzu komme, dass der Ton der Hochfrequenzpfeifen für den Menschen kaum hörbar ist. „Ist die Pfeife durch Schmutzpartikel verstopft, klingt das Signal für den Hund anders, während der Halter dies gar nicht bemerkt“, ergänzt der Experte.

Empfohlen werden häufig Hundepfeifen aus Kunststoff, da sie unabhängig von Wetter & Co. einen gleichbleibenden Ton erzeugen.

 

Am Ende sei die Wahl der Pfeife allerdings jedem selbst überlassen. Da der Hund jedoch auf einen bestimmten Pfeifentyp konditioniert wird, sei es wichtig, immer bei demselben Modell zu bleiben. „Sind Sie gezwungen auf ein anderes Modell zurückzugreifen, weil der damalige Hersteller nicht mehr am Markt ist, beginnt das Training wieder von vorn“, betont Friedrich. Aus diesem Grund rät er zu Pfeifen etablierter Hersteller: „Sollte die Pfeife verloren gehen oder beschädigt sein, können Sie dasselbe Modell nachkaufen.“

Auf einen Blick: Tipps fürs Training mit der Hundepfeife

  • Entscheidet euch vor Trainingsstart für ein Pfeifenmodell und bleibt dabei
  • Gleiches gilt für das Pfeifsignal (Rückruf: Einmal-Pfiff, Sitz: Doppel-Pfiff). Welche Pfiffanzahl ihr für ein Kommando wählt, ist euch überlassen. Behaltet die Zuordnung aber bei
  • Baut die Konditionierung schrittweise auf. Übt nach und nach an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten
  • Setzt beim Rückruf-Signal immer die für euren Hund maximal motivierende Belohnung ein
  • Habt Geduld und haltet euch an die hohe Wiederholungszahl – auch wenn euer Hund zu den Blitzmerkern zählt

Über Uwe Friedrich

Hund auf Hundepfeife trainieren

Uwe Friedrich leitet das Hundezentrum Teamcanin in Ditzingen bei Stuttgart. Der ehemalige Diensthundeführer bei der Polizeibehörde Stuttgart ist seit 1999 als Hundetrainer selbstständig. Seine große Leidenschaft ist die Auslastung von Hunden durch Nasenarbeit. Friedrich bildet u.a. Hunde zu Lungenkrebs-Diagnostikern und zu Diabetes-Warnhunden aus.

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Hi, ich bin Neele, #Hundenärrin, #Hundemama, #Hundehaarmagnet, #Bücherwurm, #Textmaniac, #Yogi www.om-sweet-om.de. Auf diesem Hundeblog schreibe ich über das Leben mit Hund. Im Hundeblog findet ihr Trends, Lustiges, Ernstes, Absurdes, Wissenswertes. Ich sage nur: Let the dogs rock the world!

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