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Wie man einem Hund in die Seele schauen kann, warum wir Menschen eine Liebesbeziehung zu unseren Hunden haben und wann Elmar Schnitzer sich selbst zum Hundeflüsterer schicken würde, lest ihr in dem Interview mit dem Bestseller-Autor, Journalisten und Rottweiler-Herrchen. Mehr zu Elmar Schnitzer findet ihr weiter unten und in den Buchrezensionen „Ein Glücksfall namens Paul“ und „Kalle für alle!“ auf dem Fiffibene Hundeblog.
Drei Fragen an Elmar Schnitzer
Wie finde ich den richtigen Hund für mich, worauf sollte ich achten?
Der große Dressur-Ausbilder Herbert Rehbein, bereits zu Lebzeiten eine Legende, hat einmal zu mir gesagt: „Schau einem Pferd in die Augen und Du blickst in seine Seele“. Nicht anders verhält es sich mit Hunden. Fünf Pferde und sechs Hunde begleiteten mich durch 30 Jahre Leben, vom Dackelmischling „Biene“ bis zum Rottweiler „Kalle“. Jedes dieser Wesen war auf seine Art wunderbar, jedes hat mir vom ersten Augenblick an ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, mein Leben bereichert und mein Denken und Handeln zu meinem Vorteil beeinflusst. Jedes auf andere Weise, weil jedes in seiner Art anders war. Aber alle meine Hunde hatten dieselbe Aura, den selben Charakter und das selbe Charisma. Nicht Farbe, Größe oder Rasse haben mir das Besondere an ihnen verraten, ihre Augen haben es mir gesagt. Augen lügen nicht. Das Böse und das Schlechte haben keine Augen.

Der Philosoph auf vier Pfoten: „Steig aus Deinem Alltag aus, hak‘ Deine Seele von der Leine los und lass sie in der Freiheit baden. Bis zum Hals, nicht nur bis zu den Waden…“
Stimmt es, dass sich der Hund Herrchen oder Frauchen aussucht – und nicht umgekehrt?
Bei Kalle und mir war es so. Es hat gefunkt zwischen ihm und mir. Bei den Menschen nennt man das Liebe. Viele große Dichter von Goethe bis Schiller haben über sie gereimt und viele große und schöne Worte für sie gefunden. Und bei Hunden, wie nennt man es da? Irgendwann wird bestimmt ein Poet darüber reimen, warum welcher Hund welchen Menschen riechen kann – oder nicht. Und umgekehrt. Bis dahin bleibt uns nur die wenig poetische Erklärung der Wissenschaft, die der Schöpfung das Geheimnis der magischen Anziehung zwischen Zwei- und Vierbeiner natürlich längst entrissen hat: Mit Mensch und Hund verhält es sich wie mit Frau und Mann. Beide Geschlechter fühlen sich stets zu dem Wesen am meisten hingezogen, das ihnen in Art und Wesen am nächsten ist. Mit anderen Worten: Wir suchen im anderen in Wahrheit immer nur uns selbst. Diesem inneren Trieb folgen wir auch bei der Auswahl unseres Hundes. Betrachten dabei selbst seine Gesichtszüge aus menschlicher Perspektive. Und vice versa. Was als Sympathie auf den ersten Blick beginnt, wandelt sich rasch in Liebe und findet in der Symbiose seine Erfüllung. So einfach – und doch so kompliziert.
Was ist für eine gute Hundeerziehung wichtig, wann sollte man bei einem Profi Rat suchen?
Bei Kalle und mir ist das so: Herrchen denkt, Kalle lenkt… Im Ernst: Kalle ist sehr selbst bestimmt, ebenso, wie es meine Hunde vor ihm waren. Er tut, was er will und macht doch ganz selbstverständlich, was er soll. Was daran liegt, dass er hochsensibel ist und genau weiß, was geht und was nicht. Dazwischen liegt sein Reich, in dem er sich frei entfalten kann und auch soll. Nur, wer Verantwortung empfindet, lernt, mit ihr umzugehen. Das entspricht exakt dem Verhalten des Rudeltieres Hund. Aber im Gegensatz zu vielen zweibeinigen Herrchen und Frauchen dominiert sie der Alpha-Hund dort nicht, schon gar nicht despotisch. Sondern akzeptiert sie als eigenständige Individuen und reguliert sie mit natürlicher Autorität. Das funktioniert, weil er sie nicht mit egoistischer Liebe und Fürsorge rund um die Uhr erstickt. Ihnen kein Leid durch Unverständnis zufügt. Vor allem aber, weil er ihnen nicht ihre Persönlichkeit raubt, sondern sie fördert. Einzig aus Selbstständigkeit erwächst wahre Ungezwungenheit. Erst, wenn ein Hund die Gesetzte verletzt, die das Rudel zusammen halten, schreitet das Alpha-Tier ein. Danach ist alles wieder wie vorher. Fehler erlauben heißt Fehler verzeihen. Dankbarkeit und Treue sind denn auch die Säulen, auf denen der Alpha-Hund thront. Da bei Kalle ich der Alpha-Hund bin, bin ich es auch, dem er sich dankbar zeigt, etwa, in dem er auf den leisesten Fingerzeig hört und sich auch auf Distanz jederzeit mit minimalem Aufwand maximal regulieren lässt. Kalle ist in all seinem Tun stets absolut berechenbar, zuverlässig und gehorsam. Weil er will, nicht, weil er muss. Hunde sind immer Produkt und Ebenbild ihrer Menschen. Keine Knute und keine Kette sind stark auf Dauer genug, einen freien Geist auf vier Pfoten zu bezwingen. Weshalb eher ich zum Hundeflüsterer gehen würde als Kalle zu einem solchen zu schicken.
Über Elmar Schnitzer:
Elmar Schnitzer, Jahrgang 1949, ist Bestseller-Autor und Journalist. Er war Stellvertretender Chefredakteur überregionaler Zeitungen und Zeitschriften in Hamburg und Berlin und Mitglied der Chefredaktion von Welt am Sonntag. Tiere begleiten ihn seit Kindertagen durch sein Leben.
Schnitzer hat ein Buch über seinen Rottweiler „Paul“ geschrieben. Er begleitete ihn 7 Jahre lang und war mehr als nur eine Inspirationsquelle für sein erstes Buch. Mehr dazu findet ihr hier.
Nachdem Paul über die Regenbogenbrücke gegangen ist, konnte sich Schnitzer erst einmal nicht vorstellen, mit einem anderen Hund sein Leben zu teilen. Aber dann kam Kalle. Auch ihm widmete Schnitzer ein Buch mit dem Titel: „Kalle für alle!“. Mehr dazu findet ihr in der Buchrezension auf dem Fiffibene Hundeblog. „Kalle für alle“ hat es übrigens in die Hall of Fame des Zeit Literaturmagazins geschafft. Richtig so! Hier könnt ihr es euch noch nachträglich bestellen.
Sein erstes Buch „Ein Glücksfall namens Paul“, erschien 2013, sein zweites „Kalle für alle“ 2014.
Bilder: Elmar Schnitzer