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„Weiß man wie, kann man in seinem Hund lesen, als wäre er ein offenes Buch“, sagt Stephanie Lang von Langen. Und fügt hinzu: „Spürt der Hund, dass er verstanden wird, ist er glücklich“.
Grund genug zu Stephanie Lang von Langens Buch zu greifen. In „Ich weiß, was du mir sagen willst: Die Sprache der Hunde richtig verstehen“ entführt sie den Leser als Dolmetscherin und Sprachlehrerin auf 256 Seiten in die Sprachwelt der Hunde. Lang von Langen selbst entschlüsselte den Code teils intuitiv in ihrer Kindheit, teils später während ihres Studiums der Tierpsychologie.

„Ich weiß, was du mir sagen willst: Die Sprache der Hunde richtig verstehen“. Bastei Lübbe, 2014. Autoren: Stephanie Lang von Langen, Michaela Seul
In ihrem Buch erläutert Stephanie Lang von Langen, welche falschen Annahmen zu den häufigsten Missverständnissen zwischen Hund und Mensch führen, warum Herrchen und Frauchen sich ständig einem Selbstbewusstseinstraining unterziehen sollten und warum ein gut trainierter Hund noch lange kein gut erzogener Hund ist. Damit Hund und Mensch zu einem unschlagbaren Team zusammenwachsen, muss der MENSCH seine Lektionen lernen. Die wichtigste Botschaft ist wohl, dass ein Hund denkt und fühlt wie ein Hund und nicht wie ein Mensch. Denn: „…bei aller Liebe, sind Hunde keine Menschen und Menschen keine Hunde.“ Einer glücklichen Beziehung gehen immer Verständnis und eine Übersetzungsleistung voraus. Denn: Missverständnisse sind die häufigste Ursache für Probleme in Hund-Mensch-Teams.
Damit Hund und Mensch zu einem unschlagbaren Team zusammenwachsen, muss der MENSCH seine Lektionen lernen.
Kennt man die Sprache der Hunde und trennt sich von allzu menschlichen Annahmen, kann eine in Schieflage geratene Beziehung wieder zu einer glücklichen, deutlich tieferen Beziehung führen. So schreibt Lang von Langen beispielsweise: „Der Hund will dich nicht ärgern, indem er nicht hört. Er handelt in Notwehr.“ Die Begründung: Der Mensch sei eine Quasselstrippe. Der Hund würde „harthörig“, er verstehe den Menschen einfach nicht. Der letzte Ausweg: Ohren auf Durchzug stellen.
Der letzte Ausweg: Ohren auf Durchzug stellen…
Gleiches gelte im Übrigen für das Thema zeitweises „Ignorieren“. Menschen fällt es bisweilen schwer, den Hund für eine gewisse Zeit (natürlich nicht zu lang) zu ignorieren. Dabei, so Lang von Langen, sei Ignorieren eine wichtige Kommunikationsform für den Hund. Für ihn ist es keine Strafe. Es bedeutet: Ich kann mich entspannen. Ein schlechtes Gewissen, das viele Zweibeiner plagt, sei demgegenüber eine Strafe für beide. Es schafft Verwirrung und Unsicherheit. Hunde lesen immer zwischen den Zeilen und erkennen Unstimmigkeiten zwischen Aussage und Stimmung sofort.
Stephanie Lang von Langen erläutert anhand von zahlreichen Fallbeispielen, dass Probleme vorprogrammiert sind, wenn der Hund den Taktstock schwingt. Auf den Chefsessel wollen nämlich die wenigsten Hunde. Es stresst sie. „Sich von seinem Hund bewegen zu lassen, anstatt ihn zu bewegen, ist das größte Problem an der Vermenschlichung des Hundes.“
Probleme sind vorprogrammiert, wenn der Hund den Taktstock schwingt.
In den kommenden Kapiteln behandelt Lang von Langen weitere Themen in der Hund-Mensch-Beziehung: u.a. die Rolle der Pubertät, rassespezifische Merkmale und Bedürfnisse des Hundes, Lebensumstände und Persönlichkeit des Halters, Hund vom Züchter versus Hund aus dem Tierschutz, die Arbeit mit Rettungshunden und Therapiehunden, der Hundeknigge u.v.m.
In diese Abfolge webt sie ihre persönliche Lebensgeschichte und ihre eigenen Erfahrungen ein: Stephanie Lang von Langen selbst wuchs mit einem Schäferhund und einem Labrador auf. Sie orientierte sich stärker als jeder andere an ihnen: Mit dem Marfan-Syndrom geboren, war Stephanie als Kind fast blind. Ihre beiden Hunde Fesco und Bengi waren ihre Augen, ihre Sinne. Nach einer Operation in Deutschland bekam sie ihr Augenlicht zurück. Hunde begleiteten sie aber auch weiterhin durchs Leben.
Nicht jeder, der mit Hunden aufwächst, versteht sie auch.
Eine für sie wichtige Erkenntnis in späteren Jahren war: Nicht jeder, der mit Hunden aufwächst, versteht sie auch. Das musste Lang von Langen schmerzlich in der Beziehung zu ihrem ersten eigenen Hund Pongo erfahren. Die Missverständnisse zwischen den beiden waren einer der Gründe, dass sie schließlich Tierpsychologie studierte.
Mit anschaulichen Beispielen aus ihrer Praxis und der Beschreibung typischer menschlicher Annahmen und Reaktionen stellt sie die Theorie auf bekannten Grund. Dadurch knüpft sie direkt an die Erfahrungen eines jeden Hundebesitzers an. So werden dem einen oder anderen Leser viele Situationen bekannt vorkommen. Kopfnicken, Aha-Erlebnisse und neue Einsichten in die eigene Beziehung zum Hund sind beim Lesen garantiert.
Die tiefe Verbundenheit von Stephanie Lang von Langen zu Hunden und ihr Wunsch, Hund und Mensch gleichermaßen glücklich zu machen, spürt man durchgehend in der Sprache und Struktur ihres Buches. Humorvoll, offen, mit viel Verständnis für den Menschen am anderen Ende der Leine und fundiertem Know-how geht Lang von Langen Schritt für Schritt die wichtigsten Lektionen gemeinsam mit dem Leser durch. Dabei verzichtet sie durchweg auf den erhobenen Zeigefinger und jegliches Dogma. In ihrem Buch stellt sie zwar einige Methoden und Modelle vor. Sie weist den Leser allerdings zum Ende darauf hin, dass jeder für sein eigenes Mensch-Hund-Gespann prüfen muss, ob eine bestimmte Methode passt oder nicht. „Vertrauen Sie ihrer Intuition, und vertrauen Sie Ihrem Hund.“
Fazit: „Ich weiß, was du mir sagen willst“ hat eher den Charakter eines ungezwungenen Gesprächs unter guten Freunden als den eines klassischen Sachbuches oder eines Ratgebers. Es setzt viel tiefer an und schafft ein grundlegendes Verständnis dafür, wie die eigene Haltung und eine „artgerechte“ Sicht auf den Hund die Kommunikation und Beziehung deutlich verbessern können. Denn: „Klare Führung braucht kein Kommando, es ist die innere Überzeugung, die die Kommunikation und das Miteinander beeinflusst!“, fasst es Stephanie Lang von Langen zusammen.
„Klare Führung braucht kein Kommando.“
Was man unter dieser inneren Überzeugung oder auch Haltung zu verstehen hat und wie man sie erreicht, erfährt der Leser in diesem sehr kurzweiligen und interessanten Buch.
Die Autorin und Mitwirkende:
Stephanie Lang von Langen (Jahrgang 1976) wuchs in Kenia (Afrika) auf und ging später in Bayern zur Schule. Seit sie denken kann, haben sie Hunde durchs Leben begleitet. Heute lebt sie mit ihrem Mann, den beiden Hunden Wunjo und Alma, sowie zwei Katzen, Schafen, Hühnern und Enten in Gaißach bei Bad Tölz. Mehr zu Stephanie Lang von Langen findet ihr in ihrem Statement zu „Ein Leben mit Hund ist einzigartig, weil…“
Shirley Michaela Seul hat zahlreiche Bücher in verschiedenen Genres veröffentlicht, darunter auch eine Hundekrimi-Serie. Zudem arbeitet sie sehr erfolgreich als Ghostwriterin. Für euch rezensiert: “Luna, Seelengefährtin” und „Ein Hund ist ein Herz auf vier Beinen“.